Samstag, 28. Januar 2017

Resümee



Die Segelflugweltmeisterschaft war ein „Event“ der uns viel Spaß gemacht hat.
Nach 2010 in Szeged, war dies die zweite WM an der ich die deutsche Segelfluggemeinde vertreten durfte. Und wie Tassilo schon sagte, war es ein Privileg in Benalla teilnehmen zu dürfen.

Der Zusammenstoß zweier Segelflugzeuge am 3. Wertungstag (eines davon aus dem deutschen Team) hat natürlich die Stimmung gedämpft. Die beiden Piloten sind aber den Umständen entsprechend glimpflich davon gekommen. Im Team Germany haben sich alle gefreut, dass Michi die letzten Tage wieder mit uns zusammen in Benalla verbringen konnte. Und ich glaube aus den Gesprächen mit ihm herausgehört zu haben, dass er auf dem richtigen Weg ist, die ganze Angelegenheit gut zu verarbeiten.

Der Blog hat mir zeitweise viel Arbeit bereitet, besonders wenn es wie so oft dann gegen Mitternacht wurde bis er fertig war. Das Feedback zeigt mir aber, dass es die Mühe wert war. Ich hoffe Ihr verzeiht mir, dass ich nicht alle Nachrichten und Grüße persönlich beantwortet habe. Ich möchte Euch nun aber auf diesem Weg mitteilen, dass ich mich über jede Eurer Nachrichten sei es per Mail oder per WhatsApp riesig gefreut habe. Besonders habe ich mich über die Tatsache gefreut, dass nicht eine Info mit einem negativen Touch dabei war.

Nun ein paar fliegerische Aspekte:
Holger und mir war von Anfang an klar, dass wir mit der EB 28 edition (ein super Flugzeug), an guten Tagen nicht mit den neuen EB 29 R oder EB 29 DR mithalten können würden. Auch die JS 1 würden an guten Tagen mit ihrer hohen Flächenbelastung besser sein. Unsere Strategie war folgende: Wir wollten im besten Wetterzeitfenster fliegen. Auch wenn wir dabei relativ früh abfliegen mussten. Die Pokerei um einen späten Abflug wollten wir bewusst nicht mitmachen, da wir befürchteten, dann nach hinten raus zu fallen und am Abend nicht mehr nach Hause zu kommen.
In den beiden besseren Trainingstagen mit Basishöhen über 3000mNN und „Wolkenthermik“ hat es auch ganz gut funktioniert. Wir waren 2 Mal unter den ersten 10 mit einem über 150er Schnitt. Am ersten Wertungstag mit schwacher Wolkenthermik hat unsere Taktik auch ganz gut funktioniert.
Dann kamen jedoch die ersten beiden Blauthermiktage. Wir sind wie geplant zum für uns besten Zeitpunkt abgeflogen, wurden jedoch fliegerisch eingeholt und wertungstechnisch langsam nach hinten weitergereicht.
Die Stimmung war dann bei uns auf dem Tiefpunkt, als wir bei der 750km Aufgabe einen der letzten Plätze belegt haben. Wir sind wie gewohnt früher abgeflogen, zumal schon beim Abflug klar war, dass wir die Aufgabe mit einem 150er Schnitt fliegen mussten um noch unter guten Bedingungen nach Hause zu kommen. Ca. 40% konnten wir unter bester Wolkenthermik zurücklegen. Die letzten 200 km war aber Blauthermik angesagt. Hier haben wir erkannt, dass wir relativ gut mit den JS 1 mithalten konnten. Sie sind uns zwar davon geglitten, aber wir konnten beim Kurbeln wieder Höhe gut machen. Im Endanflug bei km 100 waren wir sogar voraus, haben aber leider kein vernünftiges Steigen mehr gefunden. Zu dem Zeitpunkt waren wir noch mit einem 145er Schnitt unterwegs. Nur 10km hinter uns haben unsere Verfolger wohl besseres Steigen gefunden, waren über 1000m höher als wir und konnten nach Hause gleiten. Wir kämpften ums Überleben, und haben es noch nach Hause geschafft. Der Schnitt reduzierte sich aber auf gute 130 km/h. Michael und Tassilo haben an dem Tag souverän demonstriert, wie gut sie fliegen können und welches Leistungspotential in ihren EB 29 R steckt. Gegen dieses Flugzeug ist kein Kraut gewachsen! Sie standen mit über 160 km/h in der Wertung.
Die restlichen Tage sind wir dann nicht mehr ganz so früh abgeflogen, konnten gut mit der „JS 1 – Flotte“ mithalten und haben uns wertungstechnisch wieder etwas nach vorne gearbeitet. Dabei hat Holger mit dem einen oder anderen Endanflug, bei mir für den Zuwachs einiger grauen Haare gesorgt.
Als Ziel hatten wir uns eigentlich die Top Ten vorgestellt. Natürlich träumt man auch mal von einer noch besseren Platzierung. Letztendlich haben wir den 11. Platz belegt, mit dem wir zufrieden sind.

Zur Organisation bzw. Wettbewerbsleitung:
Die ganze WM war schon extrem bürokratisch durchorganisiert. Dabei sorgten einige Maßnahmen für Unverständnis und Missbilligung. Wir mussten alle Mitglied beim Gliding Club of Victoria und bei dessen australischem Dachverband werden. Dafür waren zusätzliche $ 138 zu berappen. Das war weder bei der WM in Szeged noch bei der EM in Vinon so. Wir mussten Sauerstoffanlagen montieren und durften dann für den bereitgestellten Sauerstoff weitere $ 20 auf den Tisch legen, ob wir Sauerstoff benötigten oder nicht. Dabei sagte ein Segelflieger, dass er 6 Jahre in Benalla geflogen sei und nie Sauerstoff benötigt hätte....

Wettbewerbsleiter und Tasksetter haben ihre Aufgaben beherrscht, dabei wurden zu Beginn die Aufgaben etwas kurz ausgeschrieben, was zu längerer Pokerei und relativ späten Abflugzeiten führte. Nach ein paar Tagen wurden aber die Strecken an das maximal mögliche angepasst. Das reduzierte dann die Wartezeiten zwischen Öffnung der Abfluglinie und den tatsächlichen Abflügen. Allerdings gab es dann auf Grund der größeren Strecken mehr Teilnehmer die die gestellten Aufgaben nicht mehr beenden konnten.
Schade fand ich, dass wir bei unserem 3. Tagesplatz lediglich eine Plakette bekamen, obwohl wir im Doppelsitzer zu zweit geflogen sind. Und dies obwohl unser Team Captain darauf hingewiesen hat.

Bezüglich der sozialen Events lässt sich folgendes sagen.
Es gab während der WM zunächst den australischen Abend. Für $ 25 gab es Musik und Fingerfood. Die Getränke gingen extra. Na ja. Selbst die australischen WM Teilnehmer waren teilweise beschämt. Bei allen bisherigen nationalen Abenden der Ausrichter waren diese gratis. Man hat dafür entsprechende Sponsoren gefunden.
Dass es auch anders geht haben dann die australischen WM-Teilnehmer beim Nationenabend bewiesen. Von Getränken über gegrilltes Lamm und vielen weiteren Kleinigkeiten gab es vieles bis zum Nachtisch. Auch alle anderen Nationen haben sich richtig ins Zeug gelegt. Eine gelungene Veranstaltung.
Über den Abschlussabend haben dann wieder viele Teilnehmer die Nase gerümpft. Die Musik war super. Das Doggy-Bag war jedoch unter aller Kanone. Lediglich die Piloten wurden von den $ 30 Kosten verschont. Es gab Teilnehmer, die habe über den Pizza-Bringdienst das Essen kommen lassen.

Die genannten Kritikpunkte waren für mich jedoch eher von marginaler Bedeutung.
Die WM in Benalla war für mich das absolute Highlight meiner segelfliegerischen Laufbahn. Ich habe wieder viele Segelflieger getroffen, mit denen ich zum ersten Mal in Szeged zusammen kam.
Segelfliegen war zwar der Hauptaspekt der Reise. Ein weiterer, mir auch sehr wichtiger Aspekt, bestand darin, Land und Leute etwas näher kennen zu lernen.
Mit unseren Gasteltern Lois und Neil hat Anne-Kathrin ins Goldene getroffen. So eine Gastfreundschaft und Teilnahme an unserem „Event“ habe ich noch nie erlebt. Auch ihre Nachbarn John und Betty waren mit Interesse dabei. Sie waren an allen Abenden dabei und unser Team war nicht nur einmal bei Lois und Neil eingeladen. 
Diese Beziehung war, auch nach Aussage anderer aus dem Team Germany, wohl einzigartig.
Auch bei Familie Bartram waren wir an einem Abend eingeladen. Ihr Sohn Andrew ist Schlepppilot und hat ein Jahr in Deutschland studiert. Auch dies war ein sehr schöner Abend.
Vom Land haben wir aus dem Flugzeug viel gesehen. Aber auch an neutralisierten Tagen konnten wir die Umgebung mit Weingebiet, Wasserfall und alte Goldgräberstätte kennenlernen. Und nachdem die Flieger wieder verpackt waren haben wir noch einen kleinen Teil der Great Ocean Road und Melbourne gesehen.

In den nächsten Tagen folgt noch ein weiterer Beitrag.
Also nicht vergessen und noch einmal rein schauen!




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