Beim Herbsttreffen der Nationalmannschaft stellte Walter Eisele den für die WM in Benalla qualifizierten Piloten die Frage, wer an der WM teilnehmen würde.
Ich
habe die Hand gehoben und mein Interesse bekundet.
Im
persönlichen Gespräch habe ich Walter Eisele dann mitgeteilt, dass ich die WM
gerne zusammen mit Holger in einem Doppelsitzer fliegen würde. Er war sehr
angetan und hat mir zugesagt mich bei der Suche nach einem Doppelsitzer zu
unterstützen.
Seit
meinem 15.Lebensjahr betreibe ich nun den Segelflugsport und habe in der Zeit
an vielen Wettbewerben teilgenommen. Nachdem ich schon von 2009 bis 2013
Mitglied der Nationalmannschaft war und dieser nun für weitere 2 Jahre
angehöre, wird dies für mich wahrscheinlich die letzte Chance sein, an einer
Weltmeisterschaft teilnehmen zu dürfen.
Vor
ca. 35 Jahren war eine ASW 12 mein erstes eigenes Segelflugzeug. Mit exakt
diesem Flugzeug flog Hans Werner Grosse am 25.04.1972 über 1460km von Lübeck
nach Biarritz. Diese ASW 12, ein faszinierendes Segelflugzeug der Offenen
Klasse, hat dazu geführt, dass ich dieser Klasse immer treu geblieben bin.
Zusammen mit meinem Partner Thomas Lange besitze ich inzwischen eine ASW 22 mit
der ich an Wettbewerben teilnehme.
Die
ASW 22 ist ein einsitziges Segelflugzeug; für die WM war ich aber auf der Suche
nach einem doppelsitzigen Flugzeug der Offenen Klasse.
Holger
Karow hat die letzten beiden Wettbewerbe in Stendal mit der EB 28 und der EB
29D von Walter Binder geflogen. Es wäre ein Traum, wenn wir die WM mit Walters
EB 29D fliegen könnten.
Im
Winter 2015 / 2016 habe ich gesehen, dass Walter Binder seine Flüge in Namibia
mit der einsitzigen EB 29 gemeldet hat. Sollte ich ihn fragen, ob ich seine EB
29 D (D für Doppelsitzer) für die WM haben könnte? Bei der EB 29D handelt es
sich um den meiner Meinung nach besten Doppelsitzer in der Offenen Klasse.
Bei
der ersten Anfrage teilte mir Walter Binder mit, dass er nur mit EB 29 gemeldet
hat, weil es noch keinen Faktor für den Doppelsitzer EB 29 D gab. Ferner fliegt
er überwiegend im Winter in Namibia und möchte dort seinen eigenen Flieger
selbst fliegen. Verständlich…..
Irgendwann
sprach auch Walter Eisele, unser Team Captain bei der WM in Benalla, mit Walter
Binder.
Dies
hatte zur Folge, dass Walter Eisele und ich vom Nationalmannschaftstreffen im
Februar auf der Wasserkuppe, zu Walter und Oliver Binder nach Ostheim fuhren.
Holger kam aus Landshut dazu.
Walter
Binder hat uns seine neue „Racingtragflächen“ gezeigt und erklärt. Sie haben
ca. 1,6qm weniger Fläche bei ähnlicher Spannweite. Hut ab vor der
Konstruktionsleistung in der kurzen Zeit. Sie sind quasi über den Winter
entstanden.
Wir
haben auch einige Zeit über die WM gesprochen. Die Erkenntnis war, dass die
Racingtragfläche für uns auf Grund der hohen Flächenbelastung im Leerzustand
(ohne Wasserballast) nicht gerade ideal wären. Die normalen aktuellen
„Edition-Flügel“ wären Holgers und meine Wunschvorstellung.
Walter
Binders Aussage zum Schluss: ich mache mir mal Gedanken… lasst mir mal Zeit bis
Ende April.
Am
späten Nachmittag haben wir Ostheim in Richtung Wasserkuppe zum
Nationalmannschafts-treffen verlassen.
Anfang
Mai, fand dann relativ früh im Jahr der Hahnweidewettbewerb statt. Holger und
ich nahmen jeweils in einem Einsitzer am Wettbewerb teil.
Nach
der Hahnweide teilte mir Walter Binder dann mit, dass er uns seine EB 28 edition,
ein super Doppelsitzer, zur Verfügung stellen würde. Auf Grund der Weiterentwicklung
von der EB 28 edition zur EB 29 DR hatte er noch seinen EB 28 Rumpf sowie die
Editiontragflächen „übrig“. Er müsste noch ein neues Höhenruder bauen sowie die
„Papierlage“ erledigen. Im Sommer könnte ich das Flugzeug haben und damit schon
erste Trainingsflüge durchführen.
Zu
diesem Zeitpunkt bin ich noch davon ausgegangen, zusammen mit Holger den
Wettbewerb in Lasham / England zu fliegen. Dies hat sich dann leider
zerschlagen. Lasham hatte ich gewählt, weil ich nach vielen Wettbewerben in
Frankreich mal etwas Neues kennenlernen wollte und weil Lasham 2017 der
Austragungsort der EM sein wird.
Am
Wochenende vor dem Wettbewerbsbeginn in Lasham war es dann soweit. Ich durfte
nach Ostheim fahren und die EB 28 edition übernehmen.
Der
Morgen des 23. Juli zeigte sich nicht gerade von der besten Seite. Schon früh
erschienen Walter und Oliver auf dem Flugplatz. Sie wollten zunächst noch
Testflüge mit zwei EB 29 durchführen. Danach sollte ich eingewiesen werden. Ein
riesiger Schauer führte jedoch zum vorzeitigen Abbruch der Testflüge. Auch mit
meiner Einweisung musste ich mich auf Grund des Wetters etwas gedulden.
Am
Nachmittag war es dann soweit. Um 14:21 starteten wir zum Einweisungsflug. Die
Untergrenze der ersten Wolkenfetzen waren gerade mal 400 m über dem Platz. Wir
stiegen mit Motorleistung auf ca.1000m über Platz bevor ich den Motor
abstellte. Es ist immer spannend, einen neuen, unbekannten Typ zum ersten Mal
zu fliegen. An die neue Sitzposition, die höhere Motorleistung, das
Motorgeräusch sowie die Steuerfolgsamkeit muss man sich erst einmal gewöhnen.
Wir konnten sogar einige Zeit unsere Höhe in einem sehr schwachen Hang- bzw.
Wellenaufwind halten. Wir führten zu Trainingszwecken einen weiteren
Motorsteigflug durch und landeten dann nach einer Stunde. Danach packten wir
die EB 28 edition in den Transportanhänger und schauten noch die Papiere durch.
Am Abend machte ich mich mit Flugzeug auf den Weg nach Rinteln.
Am
Sonntag und Montag 24./25. Juli war ich dann damit beschäftigt mein PDA mit
SeeYou von der ASW 22 in die EB 28 umzubauen, sowie das ganze Zubehör wie
Wassertankanlage Flächenrad usw. in den EB-Anhänger umzuladen.
Die
Fähre von Calais nach Dover war schon auf Mittwochnachmittag den 27. Juli
gebucht.
Mein
treuer Helfer, Alfred Lindner, hatte schon im Frühjahr zugesagt, mich nach
Lasham zu begleiten. Er war schon auf vielen Wettbewerben in Romorantin, auf
diversen französischen Meisterschaften sowie auf der EM 2013 in Vinon dabei. Er
selbst flog diverse Wettbewerbe mit seiner LS und war zeitweise Ausbildungsleiter
in unserem Verein. Leider hat er vor ca. 9 Jahren die aktive Segelfliegerei an
den Nagel gehängt.
Am
Morgen des 27. Juli habe ich ihn zu Hause abgeholt. Die EB 28 hat zwei
Sitzplätze, Holger ist nicht dabei, da war schnell klar, dass Alfred in Lasham
den hinteren Sitzplatz entern würde und wir den Wettbewerb gemeinsam bestreiten
würden.
Ich
weiß nicht, wer sich mehr gefreut hat:
Alfred,
weil er nach langer Zeit wieder im Cockpit Platz nehmen durfte oder ich, weil
ich mich auf diese Weise mal bei ihm für die langjährige Treue erkenntlich
zeigen konnte.
In
Calais tankten wir noch einmal das Wohnmobil voll.
Danach
fuhren wir am Flüchtlingscamp von Calais vorbei; ein bedrückender Moment.
Wir
mit Wohnmobil und Segelflugzeug auf der Autobahn und jenseits des
Stacheldrahtes Flüchtlinge die nach Great Britain wollten.
Im
Hafen von Calais mussten wir nicht auf unsere gebuchte Fähre warte. Wir durften
auf den nächsten auslaufenden Dampfer.
Nach
1:30 Std Überfahrt und 120 Meilen „Linksverkehr“ erreichten wir Lasham.
Im
letzten Büchsenlicht bauten wir unser Lager im Campingbereich auf.
Am
Donnerstag rüsteten wir die EB auf und wollten danach eigentlich einen ersten
gemeinsamen Trainingsflug durchführen. Das Flugzeug haben wir noch im Trockenen
aufgebaut. Die Basishöhe der Bewölkung sank jedoch immer weiter ab und später
fing es an zu regnen. An einen Flug war unter diesen Bedingungen nicht zu
denken.
Am
Freitag den 29.07. war es dann soweit. Bei schwacher Thermik und niedriger
Basis erkundeten wir die Umgebung von Lasham und gewöhnten uns an Flugzeug und
Instrumente.
Für
mich war das vorne installierte LX 9000 neu. Dafür kannte sich Alfred mit
meinem hinten installierten PDA nicht aus….. Suuuper!
Und
am Tag darauf war der erste Wertungstag.
Am
Samstag war dann um 10:00 das erste Briefing. Es dauerte eine gefühlte
Ewigkeit.
1:15
Stunde, 45 Minuten davon waren der unübersichtlichen Luftraumstruktur
geschuldet.
Redlands,
Weston on the Green, Compton Box und viele weitere Sperr- und
Beschränkungsgebiete mit vielen unterschiedlichen Höhenbeschränkungen wurden
angesprochen. Dies alles ohne die Details auf einer Karte anzuzeigen. Als
Ausländer bestand keine Chance, dem Vortragenden zu folgen, geschweige denn,
die angesprochenen Punkte auf der Karte zu finden.
Auch
auf dem Aufgabenblatt war in der graphischen Ansicht nichts zu erkennen.
Russell
Cheetham, englisches Nationalmannschaftsmitglied erklärte uns im Anschluss die
Luftraumstruktur.
Erst
am dritten Tag wurde dann die Luftraumstruktur auch für uns Ausländer
verständlich dargelegt.
Auch
das Tasksheet wurde nun wesentlich übersichtlicher an uns weiter gegeben.
In
den ersten Tagen hatten wir auch das eine oder andere Aha-Erlebnis. Da wir in
Deutschland in der von uns geflogenen Höhe keinen Luftraum der Kategorie „A“
haben, war dessen Anzeige im LX 9000 auch nicht aktiviert. In England werden jedoch die Masse der
Lufträume als Kategorie „A“ dargestellt. Dies führte dazu, dass ich zunächst
keine Anzeige des Luftraumes hatte, jedoch unmittelbar vor dem Einflug gewarnt
wurde und dadurch einen Umweg fliegen musste. So ca. ab dem dritten Tag hatten
wir dann die richtigen Einstellungen gefunden.
Die
Wettbewerbstage waren geprägt von einer oft niedrigen Basishöhe, schnellen
Wetteränderungen mit Schauern und fast immer von einem starken Wind.
Ein
äußerst interessanter Wettbewerb. An einem Tag wurde bis fast an die
Ärmelkanalküste im Südwesten geflogen. Das andere Mal ging es nach Nordosten
bis auf Sichtweite zur Nordsee.
Lediglich
an zwei Tagen konnte nicht geflogen werden. An einem davon besuchten wir das
Marinemuseum in Portsmouth.
An
7 von 9 möglichen Wettbewerbstagen sind wir geflogen. 35 Flugstunden waren wir
über England unterwegs.
Lasham,
ein super Event um sich an Flugzeug und Instrumente zu gewöhnen.
Wir
waren beide begeistert. Alfred sagte mal: Das ist eine ganz andere Liga, als
diejenige, die er bisher kannte.
Am
Sonntag fand die Siegerehrung wegen des sehr spät gestarteten Wertungstages
erst nach 20:30 statt. Unsere Flieger hatten wir erst beim letzten Büchsenlicht
in die Anhänger verstaut. Deshalb entschieden wir ,Benno Beesten, Thomas
Wettemann Alfred und ich, den Abend noch in Lasham zu verbringen und erst am
nächsten Morgen um 04:00 aufzustehen und nach Dover zu fahren. Als wir uns in
die Kojen legten fragte Alfred mich, ob er auch noch den Wecker stellen sollte.
Wir hielten es für besser und so programmierte Alfred sein Handy ebenfalls und
ich dachte: Bin gespannt welches Handy zuerst klingelt. Beide waren ja auf
04:00 eingestellt.
Alfreds
Handy hat gewonnen. Es meldete sich zuerst. Beim Zähneputzen dachte ich noch,
warum sich mein Handy noch nicht gemeldet hat....
Ich
checke mein Handy und stelle fest, dass es erst 03:10 ist....
Da
hat Alfred wohl vergessen die Zeit umzustellen :-) England liegt in einer
anderen Zeitzone.
Als
wir den Anhänger am Haken hatten, haben wir dann Thomas und Benno geweckt und
sind Richtung Dover aufgebrochen.
Im
Hafen von Dover hat uns Thomas eingeholt. Auf derselben Fähre fuhren wir dann
um 08:00 Richtung Calais und haben die letzten Pfund in ein „Little English
Breakfast“ investiert.
Zufrieden,
mit einem breiten Grinsen im Gesicht verließen wir dann Calais in Richtung
Deutschland.
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